„Eine einzigartige und transformative Erfahrung“
Katja Pilipenko, stART.up-Alumna
Ich habe mich für das Residenzprogramm dépARTS in der Fondation Fiminco in Paris beworben, weil es ein außergewöhnlicher Ort zur Weiterentwicklung meiner künstlerischen Praxis ist. Als ich mich näher mit der Fondation Fiminco beschäftigte, war ich von ihrem Profil beeindruckt: hervorragend ausgestattete technische Werkstätten, ein hohes künstlerisches Niveau der Resident:innen und natürlich die Lage im Grand Paris.
Die Residenz begann am 16. September 2024. Mit mir gemeinsam startete Maik Gräf aus stART.up ebenfalls als Residenzstipendiat bei dépARTS. In der ersten Woche hatten wir Zeit zur Eingewöhnung, gefolgt von mehreren Onboarding-Tagen, an denen wir das Team der Stiftung sowie die anderen vor Ort arbeitenden Künstler:innen kennenlernten. Die größte Herausforderung bestand darin, Prioritäten zu setzen: Ich wollte während meines dreimonatigen Aufenthalts die Möglichkeiten der Residenz bestmöglich nutzen, gleichzeitig aber auch Paris erkunden und die Kunstszene kennenlernen.
Die Fondation Fiminco befindet sich in Romainville, einem dynamisch wachsenden Vorort von Paris. Das Stadtzentrum – genauer gesagt, die Place de la République – ist in nur 30 Minuten zu erreichen. Obwohl ich Paris bereits kannte, hat mich die Stadt erneut fasziniert. Doch drei Monate hier zu leben, ist eine ganz andere Erfahrung, als für eine Woche als Tourist:in zu kommen. Es entstehen neue Bekanntschaften, Lieblingsorte und ein anderes Gefühl für die Stadt. Das Beste, was man in Paris tun kann, ist, ziellos durch die Straßen zu schlendern. Für mich wurde das zu einem Moment der Inspiration und des Aufladens – ein Anstoß für neue Arbeiten.
In den letzten Jahren hat sich Paris rasant zu einem zentralen Knotenpunkt der internationalen Kunstszene entwickelt. Neben den großen Museen und Institutionen gibt es hier zahlreiche Kunstmessen. Während meines Aufenthalts fanden die Art Basel Paris sowie mehrere weitere Messen statt, für die die Stiftung uns Tickets zur Verfügung stellte. Jede Messe hatte ihre eigene Auswahl an Galerien und Künstler:innen – es gab viel zu entdecken. Einen Monat später folgte die Photo Fair, die Besucher:innen aus aller Welt anzog. Es war großartig, in diesem Kontext bekannte Gesichter aus Deutschland und anderen Ländern wiederzutreffen!
Auch auf dem Gelände der Stiftung selbst war das kulturelle Leben äußerst lebendig. Regelmäßig fanden Ausstellungen und Veranstaltungen statt. Während meines Aufenthalts wurden unter anderem die Ausstellung „Les Ambassadeurs“ des Litauischen Nationalmuseums für Kunst sowie die Performance „A Little Bit of the Moon“ von Anne Teresa De Keersmaeker und Rabih Mroué präsentiert. Direkt neben der Stiftung befindet sich die Kunstsammlung der Frac Île-de-France, Les Réserves. Gleichzeitig finden in sieben Galerien alle paar Monate sonntags Eröffnungen statt, was Besucher:innen aus ganz Paris anzieht.
Während der Residenz in der Fondation Fiminco 2024 habe ich drei Arbeiten geschaffen: „The World's Smallest Violin“, „Popadanets Calendar“ und „Le Buffet Soviétique“. Sie wurden inspiriert vom russischen Literaturgenre der Popadanzy – Romane über Zeitreisende, die versuchen, die Geschichte zu verändern. Werke dieses Genres reflektieren oft Unzufriedenheit mit der Vergangenheit, Nostalgie für die Sowjetunion oder das Russische Reich sowie revanchistische Strömungen. „The World's Smallest Violin“ habe ich mit einem 3D-Drucker in der Werkstatt der Stiftung hergestellt.
Den Stoff für das Werk fand ich auf dem berühmten Stoffmarkt Marché Saint Pierre in Montmartre. „Le Buffet Soviétique“ war eine experimentelle, kulinarische performative Arbeit, die ich am Tag der offenen Tür präsentierte. Den Großteil meiner Zeit verbrachte ich in der Siebdruckwerkstatt, wo ich an „Popadanets Calendar“ arbeitete – einer Serie von 12 Blättern im Format 100 × 70 cm, die im Dreischichtdruck gefertigt wurden. Ich bin dem Leiter der Werkstatt sehr dankbar, der mir geholfen hat, den Prozess zu meistern und meine Technik zu verfeinern.
Eineinhalb Monate nach Beginn der Residenz fand Anfang November ein Tag der offenen Tür statt. Diese Veranstaltung wurde mit Ausstellungen und Performances an nahegelegenen Orten kombiniert, was diesen Tag besonders reichhaltig und spannend machte. Während unseres Aufenthalts gab es zudem mehrere Studio Visits, bei denen Kurator:innen und Kunstfachleute unsere Ateliers besuchten. Ein weiteres wichtiges Ereignis war der Fiminco Lunch, bei dem wir selbst für die Gäste – darunter Vertreter:innen der Pariser Kunstszene – kochten. In dieser informellen Atmosphäre hatten wir die Gelegenheit, über unsere Arbeiten zu sprechen und mehr über die französische Kunstwelt zu erfahren.
Zum Abschluss unseres Aufenthalts fand die Ausstellung TALENTS FAREWELL statt, begleitet von einem Artist Talk mit der Pariser Kritikerin Anaïd Demir – ein Höhepunkt und zugleich der Abschluss der Residenz.
Die dépARTS-Residenz war für mich eine einzigartige und transformative Erfahrung. Ich habe meine Komfortzone verlassen und neue Techniken ausprobiert – insbesondere im Bereich Siebdruck und 3D-Arbeit. Die intensive Arbeit in den Werkstätten hat meine Praxis nicht nur erweitert, sondern auch mein Verständnis für verschiedene Drucktechniken vertieft. Gleichzeitig war der Austausch mit Künstler:innen, Kurator:innen und anderen Akteur:innen der Kunstszene eine große Bereicherung: Ich habe inspirierende Begegnungen erlebt und neue Impulse erhalten.
Katja Pilipenko ist Bildende Künstlerin. In ihrer Arbeit interessiert sie sich für das Vermitteln von Wahrheiten, Sprache und Wahrnehmung, Mythen und Ideologien in Politik und Gesellschaft. Sie arbeitet mit verschiedenen Medien, darunter Fotografie, Video, Performance, Malerei und Drucktechniken. Katja Pilipenko war 2022/23 Stipendiatin des Stipendienprogramms stART.up.
Foto: Manuel Abella
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